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Sonderwirtschaftszonen als Keimstätten des Präkariats

Unter Sonderwirtschaftszonen versteht man von der Regierung ins Leben gerufene Gewerbegebiete, in denen die dort tätigen Unternehmen teilweise oder ganz von der Umsatzsteuer sowie von anderen lokalen Abgaben befreit sind. Damit erschöpfen sich aber keineswegs die Vorteile für die dortigen Investoren. Zusätzlich können diese auf eine ihnen kostenlos zur Verfügung gestellte Infrastruktur zurückgreifen, profitieren von direkten Zuschüssen über sogenannte Grants und werden umfangreich von einem breiten Netzwerk lokaler Einrichtungen, darunter von den Arbeitsagenturen, unterstützt. Ein nicht unwesentlicher Vorteil dieser Zonen ist auch die breite Verfügbarkeit billiger Arbeitskräfte, da diese meist in strukturschwachen Gebieten errichtet werden. Sonderwirtschaftszonen werden von zweckgebundenen Wirtschaftsunternehmen verwaltet, die einerseits durch den Staat und andererseits durch die Gemeinden gegründet werden, denen der Grund und Boden gehört, auf dem die entsprechende Wirtschaftszone entsteht. Obwohl diese gewinnbringend arbeiten sollen, sind sie von jedweder Besteuerung befreit.

Vorbilder für die polnischen Sonderwirtschaftszonen waren ähnliche Wirtschaftsförderungsmaßnahmen etwa in China, Irland oder Mexiko. Dort schuf man ebenfalls besonders günstige Bedingungen für die meist ausländischen Investoren, indem man ihnen eine steuerliche Sonderbehandlung in Aussicht stellte oder bestehende Regelungen aus den Bereichen Arbeits- und Gewerkschaftsrecht sowie Umweltschutzauflagen aufhob. In Polen dienten Sonderwirtschaftszonen dazu, den nach dem Umbruch 1989 eingeschlagenen neuliberalen Wirtschaftskurs zu festigen und gleichzeitig den rechtlichen Rahmen für die schon vorher betriebene Wirtschaftsförderung zu schaffen, welche darin bestand, ausländische Investoren von Steuern zu befreien und privatwirtschaftliche Investitionen im Allgemein zusätzlich zu bezuschußen. Die zunehmende Arbeitslosigkeit, eine Folge der Massenentlassungen in den Anfang der 90er Jahre privatisierten und zunehmend verschwindenden Staatsbetrieben, verlieh der Schaffung von Sonderwirtschaftszonen zusätzlichen Auftrieb.

Vor kurzem befand das polnische Wirtschaftsministerium, dass sich das Instrument der Sonderwirtschaftszonen als die einzige wirklich wirksame Wirtschaftsförderungsmaßnahme erwiesen hat. Die Fakten sprechen aber eine ganz andere Sprache. In den ersten gut 10 Jahren ihres Bestehens haben sich die Wirtschaftszonen so gut wie gar nicht entwickelt. Erst ab Mitte des vorrigen Jahrzehnts, als man damit begonnen hat, diese auf direkten Investorenwunsch einzurichten, lässt sich eine gewisse Belebung feststellen. Die Mehrheit der Flächen dieser Gewerbegebiete bleibt aber weiterhin ungenutzt und alle in den Sonderwirtschaftszonen getätigten Investitionen haben lediglich einen Anteil von 3% an der Gesamtsumme von Investitionen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Beschäftigung spielen Sonderwirtschaftszonen keine große Rolle gemessen an der Gesamtwirtschaft. Im Jahr 2011 waren weniger als 2% der arbeitenden Bevölkerung dort angestellt. Es drängt sich also die Frage auf, wem diese Sonderwirtschaftszonen eigentlich nützen.

Dort, wo Sonderwirtschaftszonen gegründet wurden, herrscht weiterhin eine sehr hohe Arbeitslosigkeit, das wirtschaftliche Gefälle in der Bevölkerung vergrößert sich und die Lebensqualität hängt deutlich hinter der in den Großstädten zurück. Die Zonen beherbergen vor allem arbeitsintensive Produktionsbetriebe, die auf die breite Verfügbarkeit billiger Arbeitskräfte angewiesen sind. In Zeiten verbesserter Auftragslage greifen diese Unternehmen sehr häufig auf Leiharbeiter zurück, die über Leiharbeitsagenturen für wenige Wochen oder Monate eingestellt werden. Das Lohnniveau ist in den Zonen niedriger als in der Industrie insgesamt. Ähnlich verhält es sich mit dem Anteil gewerkschaftlich organisierter Angestellter. Die Sonderbehandlung der Investoren schlägt sich also nicht etwa in besseren Arbeitsbedingungen nieder – es ist genau so greßlich wie überall sonst.

Die Sonderwirtschaftszonen sichern dabei das Statusquo aus hoher Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhnen, unzureichenden Umweltbestimmungen, einem erodierenden Arbeitsrecht und deutlich rückläufiger Vergewerkschaftung – alles angeblich zum Wohl der gnädigen Investoren, die Polens Wirtschaftskraft erhöhen. Sowohl lokale wie nationale Würdenträger nutzen die Sonderwirtschaftszonen gerne zur eigenen politischen Propaganda und prahlem etwa mit der Höhe der dort getätigten Investitionen. Bedauerlicherweise vermeiden sie es dabei, auf die weiterhin hohe Arbeitslosigkeit, die Arbeitsbedingungen oder die oft grenzwertigen, gewerkschaftsfeindlichen Praktiken der Investoren einzugehen.

Da dürften Fälle wie der Lockout, also die Entlassung, von 26 Beschäftigten des LG Clusters, das sind Firmen, die entweder direkt zu LG gehören oder unmittelbare Kooperationsverträge unterschrieben haben, kaum verwundern, so geschehen letztes Jahr in der Sonderwirtschaftszone Kobierzyce-Tarnobrzeg. Dort standen sich zwei Seiten gegenüber – die Investoren, gestärkt durch Steuernachlässe, Grants, umfassenden Rechtsbeistand – welcher ja ebenfalls von der Steuer absetzbar ist und unterstützt durch die Regierung, die lokale Verwaltung, Arbeitsagenturen und Zeitarbeitsfirmen sowie privates Sicherheitspersonal und auf der anderen Seite die Beschäftigten von Chung Hong El., eines der dort ansässigen Produktionsunternehmens, geeint in ihrem Bestreben, sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen.

Da kann wohl kaum von Chancengleichheit die Rede sein. Der Streik und der Lockout bei Chung Hong ist aber keineswegs ein Einzelfall der Beschneidung von Arbeitnehmerrechten in den polnischen Sonderwirtschaftszonen. Die dortigen Investoren gehen entschieden gegen die Gründung und jedwede Aktivitäten von Gewerkschaften vor. Im gleichen Cluster wurde vor kurzem die Vorsitzende einer Gewerkschaft entlassen, vor 2 Jahren sogar alle Beschäftigten, die gerade eine neue Gewerkschaftsorganisation gegründet hatten. Ähnliche Fälle wurden in letzter Zeit auch aus dem Zonen in Legnica und Mielec sowie aus der masurischen Sonderwirtschaftszone gemeldet.

Sonderwirtschaftszonen sind auch eine Folge der Aushöhlung demokratischer Entscheidungsprozesse. Die sie beherbergenden Gemeinden sind zunehmend überschuldet, auch durch die Kosten der Infrastrukturmaßnahmen und der direkten Investorenwerbung sowie der ausbleibenden Steuereinnahmen und müssen daher ihre Ausgaben kürzen. Als Folge dessen werden öffentliche Dienstleistungen – komunaler Wohnungsbau, öffentlicher Personennahverkehr, Kinderbetreuung – entweder deutlich verschlechtert oder ganz privatisiert, was wiederum zu Einschränkungen bei ihrer Verfügbarkeit und zu Preissteigerungen führt. Folglich ist selbst der Hungerlohn für die Arbeit in den Fabriken dieser Sonderwirtschaftszonen noch weniger wert.

Sonderwirtschaftszonen sind ein Mittel, um öffentliche Gelder in privat wirtschaftende Unternehmen, meist große internationale Konzerne, zu überführen. Sie werden mit der Notwendigkeit von Wirtschaftswachstum gerechtfertigt. Dies steht aber im klaren Widerspruch zu den Anforderungen einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung, bei der öffentliche Gelder dafür eingesetzt werden, um die Lebensqualität der Bevölkerung zu erhöhen. Mittel, die sonst für die Befriedigung der Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung eingesetzt werden könnten, werden so, entsprechend des neoliberalen Wirtschaftsförderungswahns, für Investitionen zweckentfremdet, die in Wirklichkeit nur einigen wenigen dienen.

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